Ein soziales Trainingsprogramm für Täter Häuslicher Gewalt in Gießen und Umgebung

Um häusliche Gewalt zu beenden, die Opfer zu schützen und wirkungsvolle Wege aus der Gewaltdynamik zu ermöglichen, ist eine professionelle Täterarbeit unabdingbar.

Unter der Grundannahme, dass gewaltfreies Handeln gelernt werden kann, wurde bei pro familia Gießen ein Gruppenangebot für Täter häuslicher Gewalt entwickelt, das sich an bundesweiten Standards für Täterarbeit orientiert. Das Trainingsprogramm folgt einem verhaltensorientiert-kognitiven Ansatz. Ziel ist, dass der Täter Kontrolle erlernt, Verant-wortung für sein Verhalten übernimmt und gewaltfreie Konfliktlösungsmöglichkeiten erarbeitet. Das Programm besteht aus mehreren Modulen, so dass auch in eine laufende Gruppe immer wieder zu bestimmten Zeiten neue Teilnehmer aufgenommen werden können, um ein zeitnahes Angebot zu gewährleisten.

Modul I: Gewalt

Die Trainer arbeiten zunächst deliktorientiert, d.h. der Gewaltkreislauf für das Delikt wird mit dem Mann erarbeitet und auf andere Delikte und Verhaltensweisen übertragen. Die Tat wird in „Slow Motion“ rekonstruiert, um durchaus konfrontativ seine Verantwortlichkeit für das Geschehene sichtbar zu machen, aber auch Ausstiegsmöglichkeiten aus der Gewaltspirale aufzuzeigen. Ein Notfallplan muss von jedem Mann bezogen auf seine konkreten alltags-orientierten Möglichkeiten erarbeitet werden. Er soll ihm helfen, in den Situationen, in denen er erneut gewalttätig zu werden droht, quasi die „Notbremse“ zu ziehen und Handlungsalternativen zur Gewalt zur Verfügung zu haben.

Modul II: Gefühle

Die Arbeit an der männlichen Identität, insbesondere in Bezug auf das Erleben von und Umgehen mit Scham, Verletzungen, Wut, Stärke und Schwäche, ist eine zentrale Aufgabe. Hier geht es darum, bestimmte Gefühle überhaupt rechtzeitig wahrzunehmen, Stress-faktoren zu bemerken und Impulskontrolle zu lernen.

Modul III: Opferempathie und partnerschaftliches Verhalten

Um Ausmaß und Folgen ihrer Gewalttätigkeit zu realisieren, müssen die Täter lernen, sich in die Lage des Opfers einzufühlen, ein Gespür zu bekommen, was bedrohlich ist und was eigentlich alles Gewalt umfasst, eben nicht nur die Schläge. Partnerschaftliches Verhalten bedeutet Achtung und Anerkennung des Gegenübers, insbesondere auch ihre Eigenständig-keit zu respektieren.

Modul IV: Konstruktives Streiten und faires Verhandeln

Konstruktiv Streiten und faires Verhandeln wird in Rollenspielen eingeübt. Immer wieder zu erproben, wie Konfliktlösungen gesucht werden können, wie Kompromisse gefunden werden können sind die Aufgaben dieser Trainingseinheiten.

Modul V: Familie 

Hier geht es um eigene (Gewalt-) Erfahrungen in der Herkunftsfamilie und –kultur und das Konzept von Männlichkeit, das erlernt wurde. Unter der Zielvorgabe „Ein guter Vater sein“ werden Auswirkungen der Gewalt auf Kinder und die väterliche Verantwortung thematisiert.

Die Teilnehmer müssen an mindestens 15 Abenden à 2 Stunden alle Module durchlaufen, wobei einzelne Themen wie z.B. der Notfallplan oder das Thema Streiten und Verhandeln immer wieder an aktuellen Beispielen aufgegriffen werden. Wann ein Teilnehmer das Trainingsprogramm abschließen kann, entscheiden die Trainer, bisher hat sich eine Teilnahme über durchschnittlich 18 Abende bewährt.

Finanzierung: Die Teilnehmer müssen – nach Möglichkeit – 10 €/Abend zahlen, derzeit ist eine Teilfinanzierung durch das hessische Justizministerium gesichert. Bei Kosten von ca. 1.500€/Teilnehmer werden aber zusätzliche Mittel benötigt. Die Stiftung Anstoß finanziert 2015 das Honorar des Co-Trainers.

Weitere Informationen bei pro familia Gießen, Liebigstr. 9, 35390 Gießen, Tel. 0641-77122 oder beim Projektleiter per E-Mail an wolfgang.schreiner-weiss@profamilia.de

Antrag auf Förderung durch die Anstoß Stiftung

Die Stiftung richtet sich ausschließlich an Projekte, Initiativen und Einzelpersonen aus der Stadt und dem Landkreis Gießen. Die maximale Fördersumme beträgt 8.000,– EUR. Antragsschluss ist der 30. November eines Jahres. Über die Förderungen entscheidet der Vergabeausschuss spätestens im Februar des Folgejahres.